Drachenmagier (Gast)
| | So, das ist noch die Rohfassung, also bitte nicht wundern^^
Kapitel 1
„Bringt ihn herein!“, rief König Ganth mit einem Lächeln auf dem Gesicht zu einem seiner Botschafter. Sofort wurde Isair von zwei Soldaten zum König geführt. „Da haben wir ja den Langfinger mit den flinken Beinen“, lachte der König. „Ich quäle mich nicht mit kleinen Dieben herum, aber bei dir muss ich wohl eine Ausnahme machen. Weißt du auch, wieso?“ Isair wandte den Blick vom König und schwieg. „Jedes Mal“, fuhr Ganth fort. „Jedes Mal, wenn meine Männer dich beinahe gefasst hatten, bist du ihnen doch noch entkommen.“ Der König schaute ihn an. „Zu oft“, fügte er hinzu. „Zumindest zu oft für normale Verhältnisse, sag mir, wie bist du meinen Wachen entkommen? War es Zauberei?“ Isair lachte auf, woraufhin die beiden Wachen neben ihm ihren Griff etwas festeten. „Ich habe mir die Magie schon lange nicht mehr zu Nutzen gemacht“, sagte er endlich. Der König von Lavandia, einem überaus mächtigen Königreiches, in dem jeder für magische Kleinigkeiten ein Auge offen hält und in dem Magier sich um viele wichtigen Dinge kümmern, runzelte die Stirn. „Du bist noch ein junger Bursche“, sprach er. „Du könntest noch ein langes Leben vor dir haben und doch sprichst du, als würdest du dich schon seit Jahren mit Magie beschäftigt haben. Haben dir deine Eltern in diesem jungen Alter schon erlaubt zu Zaubern?“ Am liebsten hätte Isair noch einmal laut aufgelacht. Seine Eltern wussten doch nie, zu was er fähig war! Und sie würden es auch nie erfahren können. Aber er schwieg weiterhin. „Hör mir zu“, sagte König Ganth allmählich gereizt. „Entweder du beantwortest meine Fragen oder ich lasse dich Köpfen!“ Isair konnte nicht anders. Zum zweiten Mal lachte er. „Ihr habt keinen Grund, mich hinzurichten“, erwiderte er. „Doch, den habe ich“, sagte der Herrscher von Lavandia. „Beinahe jeden Tag erhalte ich von mindestens einem meiner Botschafter, wie sie ausgerechnet dich bei einem Diebstahl gesehen haben. Du hast Menschen beraubt, du hast mich beraubt!“ Der Junge schwieg eine Weile, dann sagte er jedoch: „Ich nahm nur das, was ihr mir schuldet!“ Der König wurde zornig, verstand es aber, seine Wut vor den Hofmagiern, welche sich im Raum versammelten, zu verbergen. Trotzdem musste er diesen frechen Knaben zurechtweisen. „Ich schulde dir nichts, du hast nicht das Recht meinen Besitz zu entwenden!“ Isair wünschte sich, der Boden möge sich auftun und ihn verschlingen. Dann aber entgegnete er wieder: „Ihr solltet meine Eltern kennen, sie halfen euren Kriegern und Rittern bei den Schlachten. Meine Mutter heilte sie und mein Vater versorgte sie mit Waffen. Als Gegenleistung baten sie Euch um Soldaten für unser Dorf, doch sie kamen nicht, das Dorf wurde von widerlichen Goblins überfallen und zerstört! Meine Eltern sind dabei nicht umgekommen, da sie Euren Soldaten im Krieg in einer fernen Stadt beistanden! Ich hatte großes Glück gerade woanders gewesen zu sein! Danach habe ich nie wieder von ihnen gehört. Wie sollte ich überleben? Ich nehme mir Tag für Tag nur das nötigste zum Überleben!“ Der Gesichtsausdruck des Königs wurde nachdenklicher. In der Tat kannte er diese Menschen! Was sollte er mit so einem Jungen bloß anstellen. Viele Hofmagier runzelten die Stirn und diskutierten darüber, ob der „Dieb“ rechte habe oder nicht. Der König konnte keinen klaren Gedanken fassen. „Seit still!“, schrie er in den Raum. Niemand traute sich noch etwas zu sagen, einzig und allein das Echo des Königs erwiderte seiner Stimme. „Was soll ich bloß mit dir machen?“, fragte der König. „Einerseits bist du zweifelsohne ein Dieb! Andererseits jedoch muss ich dir leider Recht geben! Auch deine Eltern waren mir sehr nützlich gewesen und es würde mich meine Ehre kosten, wenn ich dich hinrichten würde…“ Egal von welcher Seite der König auch die Lage betrachtete, er fand keine angemessene Lösung. „Er könnte bei mir wohnen!“, mischte sich einer der Hofmagier ein. Nicht nur der König, sondern auch alle anderen magiegelehrten, die Wachen, die Soldaten und selbst Isair schauten ihn fragend an. „Drav!“, wandte der König ein. „Hast du völlig den Verstand verloren? Wie soll uns das überhaupt helfen?“ Drav, der Hofmagier erklärte: „Wir geben ihm Wohnraum, ein Bett, lassen ihn bei unseren Mahlen mitessen und geben ihm die Möglichkeit, in der königlichen Schule zu lernen.“ Der König schien von dieser Idee nicht begeistert zu sein. „Schön und gut, somit mache ich sein Elend als Straßenräuber, das er durch mich erlitt, wieder gut, aber er kann nicht ungestraft bleiben, seine Frechheit mir gegenüber ist eine Zumutung!“ Der Magier dachte nach, dann wandte er ein: „Dann werde ich ihn lehren Respekt vor Euch zu hegen.“ Der König lächelte zufrieden und nickte. „Nun gut“, sprach er. „Führ ihn zu deinen Gemächern!“
Kapitel 2
Isair gefiel das ganz und gar nicht. Aber es schien niemanden zu interessieren, was er dazu meinte. „Dein Zimmer.“, sagte der Hofmagier knapp als sie angekommen waren und öffnete eine Tür, die zu einen kleinen, aber recht gemütlichen Raum führte. „Hattest du irgendwelche persönlichen Dinge in der Unterstadt? Ich könnte einen Diener hinschicken.“, bot Drav an. Doch Isair schüttelte den Kopf und bemühte sich, höflich zu Lächeln. „Dann lasse ich dich jetzt mal allein“, meinte der Magier. Sobald er die Tür hinter sich geschlossen hatte schüttelte Isair wieder den Kopf. Verrückt, dachte er sich, vielleicht hat er ja in den Schlachten einen Sohn verloren? Er schaute sich im Raum um. Ein Bett, ein Tisch, ein Schrank und ein Fenster, mehr gab es hier nicht und doch war dies mehr, als er es je zu träumen wagte. Wo wohl die königliche Bibliothek war? Sofort packte ihn die Neugier und er machte sich daran, seinen Körper aufzulösen. Er inmatrealisierte seinen Körper, bis er nicht mehr da war. Eine Seele ohne wirklichen Körper! Wie oft ihm das schon das Leben rettete. Wie oft er den Soldaten des Königs dadurch entfliehen ist. Immer lief er in eine Gasse und als er aus der Sichtweite der Menschen war löste er den Körper auf. Aber diesmal war es anders, diesmal konnte er den Blicken der Wachen nicht mehr entfliehen… Doch das spielte jetzt keine Rolle mehr. Unsichtbar und lautlos schwebte er durch die Wand zum langen Korridor. Er hätte durch jede einzelne Wand schweben können, aber seine menschliche Gewohnheit zwang ihn dazu, den Flur entlang zu schweben und jede Tür zu durchschreiten, bis er endlich die Bibliothek fand. Sofort erschuf er sich seinen Körper wieder und begann, im nächstbesten Buch zu blättern und es zu Studieren. „Hier treibst du dich also herum!“, rief eine vertraute Stimme. Isair wurde mit einem Ruck wieder in die Realität geholt und fuhr zu ihr herum. Es war Drav! „Entweder habe ich dich nicht beim Rausgehen gemerkt, oder du bist wieder verschwunden. Verrätst du mir, wie du das machst?“ Isair blickte wieder ins Buch, auf diese Frage würde er niemals antworten. Seine Fähigkeiten würden im Geheimen bleiben. Drav erkannte, dass es keinen Sinn hatte, weiter nachzufragen, also warf er einen flüchtigen Blick auf den Titel des Buches, in welches Isair sich vertieft hatte. „Ein Buch über Pflanzen?“, sagte er schließlich. „Kam mir als erstes in die Hand“, murmelte der Junge und blätterte auf die nächste Seite. Einen Augenblick lang herrschte in der Königsbibliothek unangenehme Ruhe. Doch dann sprach Drav: „In Lavandia ist die Welt noch so gut wie in Ordnung.“ Isair warf ihm einen zweifelnden Blick zu, woraufhin Drav noch hinzufügte: „Hier ist es jedem erlaubt zu Zaubern! In zu vielen anderen Königreichen ist dies eine Schandtat, die mit dem Tod bestraft wird.“ Isair hatte keine Ahnung, wieso der Hofmagier nun auf das Thema zu sprechen kam, doch dann fielen ihm seine Worte wieder ein: „Dann werde ich ihn lehren, Respekt vor Euch zu hegen“, sagte er doch zu König Ganth. Isair schlug das Buch zu, stand auf und stellte es an seinen Platz. „Man wird in diesem Königreich auch nicht dafür hingerichtet, wenn man den König nicht leiden kann!“, sagte er schließlich. „Dafür gewiss nicht“, erwiderte der Magier. „Aber man soll seinem König Respekt erweisen.“ Isair konnte es nicht fassen! Ihm fiel doch tatsächlich nichts ein, was er dazu einwenden könnte! Die Geschichte, dass er stehlen musste, kannte der Hofmagier ja bereits und er schien auch dafür Argumente zu haben. Isair wollte es nicht darauf eingehen lassen und nickte knapp. „Ich gehe jetzt ins Bett, wenn es Euch recht ist“, sagte er. Auch Drav nickte kurz, ging als erster heraus und schien sich wieder seinen Pflichten zuzuwenden.
Kapitel 3
Doch Isair dachte gar nicht daran, schlafen zu gehen. Er schloss die Tür von Dravs Gemächern hinter sich und dachte sich, dass es wohl sehr interessant werden würde, mit dem König in einem Gebäude zu wohnen. Er sah sich im Zimmer um, als er zum ersten Mal diesen Hund auf einem Haufen Decken und Tücher liegen sah. Der gehörte sicher Drav. Er streichelte ihm kurz über den Kopf und kraulte ihm die seidigen Ohren. Danach ging Isairs Blick weiter zum Fenster, von dem man den von der untergehenden Sonne rot gefärbten Himmel sehen konnte. Um diese Zeit hätte er mit den anderen längst die Beute gezählt und aufgeteilt… Er trat nun näher ans Fenster und schaute nach draußen auf den Hof hinunter. Da standen doch tatsächlich Drachen und unterhielten sich mit Menschen! Der Junge musste lächeln und prägte sich dieses wunderschöne Bild des Friedens ein. Normalerweise erzählten sich Menschen widerliche Geschichten von Drachen und sogar andersrum. Daraufhin greifen Drachen Menschen an, die Menschen erzählen sich noch gemeinere Geschichten über Drachen und greifen diese an. Ein wahrer Teufelskreis. Es war schon lange an der Zeit, diesen zu unterbrechen. Das da unten waren wahre Diplomaten! Vielleicht ist in Lavandia die Welt wirklich noch in Ordnung? Vielleicht ist König Ganth wirklich ein gerechter und friedensliebender Herrscher? Vielleicht hatte er seine Gründe keine Soldaten zu seinem Dorf zu schicken und… Isair wich einen Schritt zurück und schüttelte energisch den Kopf. War er denn jetzt völlig des Wahnsinns? Hatte Drav ihm eine Gehirnwäsche verpasst? Sollte er möglicherweise doch ins Bett gehen? Isair sah noch einmal auf die die Drachen und ging in sein Zimmer. Nachdem er sich hingelegt hatte sah er noch einmal durch sein Fenster. Daraufhin musste er sich setzen. Es schneite doch nicht draußen? Tatsächlich! „Seltsam, nicht wahr?“, ertönte wieder eine Stimme hinter ihm. Isair erschrak wieder, wusste aber nun, wem er das zu verdanken hatte. „Wie macht Ihr das?“, fragte er, ohne sich umzudrehen. Drav runzelte die Stirn. „Was meinst du?“, fragte er schließlich zurück. „Immer so unvorhergesehen hinter mir zu sein?“, gab Isair zur Antwort. „Vielleicht bist du einfach zu verträumt, um mich zu bemerken?“, gab Drav zurück. Isair konnte dem nicht widersprechen, also wechselte er das Thema: „Wie habt Ihr das gemeint, dass der Schnee seltsam ist?“
„Normalerweise schneit es um diese Zeit noch gar nicht. Ich hoffe, die Vorräte für die Heiler und Ärzte treffen ein, bevor es uns zuschneit...“
„Verzeiht, aber übertreibt Ihr da nicht etwas?“
„Hast du noch nie den Zorn des Winters verspürt?“
„Natürlich! In meinem Dorf gab es das ganze Jahr über Schnee, aber hier weiter im Süden?“
Drav musste lachen. „Hier gibt es nicht so oft Schnee, wie bei euch, aber wenn es schneit, dann richtig!“ Isair nickte und zeigte auf die Drachen, die sich zusammen mit ihren menschlichen Begleitern ebenfalls über den Schnee wunderten. „Aus welchem Grund sind sie hier?“ Drav kam einen Schritt vor, um den Blick des Jungen folgen zu können. „Um einige gegenseitige Missverständnisse aufzuklären. Ich schätze, du weißt welche?“
„Ja, endlich willigten beide Seiten für ein Treffen ein.“
„Du sagst es“, stimmte Drav ihm zu.
Kapitel 4
Am nächsten Tag weckte Drav den Jungen. „Isair, es gibt Essen!“, sagte er, ohne die Tür zum Zimmer von Isair zu öffnen. Isair stand auf und machte gewissenhaft sein Bett. Schon lange schlief er nicht so gut wie in dieser Nacht. Normalerweise schlief er mit den anderen Langfingern auf dem Boden in verlassenen Häusern. Ab und zu gewann er auch einen harmlosen Schwertkampf und durfte auf einer alten Decke schlafen. Verschlafen torkelte er aus seinem Zimmer. „Guten Morgen. Gut geschlafen?“, begrüßte ihn der Hofmagier. „Lang nicht mehr so gut“, antwortete Isair und blinzelte verschlafen. „Merkt man“, sprach Drav weiter. „Es ist schon fast Mittag.“ Isair schlug die Augen auf. „Mittag?“, fragte er. „Fast Mittag“, verbesserte ihn Drav lächelnd. Isair wäre schon vor Stunden auf dem Stadtplatz und hätte schon lange einige Goldmünzen in der Hand. Der Bursche wechselte verlegen das Thema. „Nicht, dass ich unhöflich werden möchte, aber habt Ihr nicht gesagt, es gebe Essen?“ Drav lächelte wieder. „Wir essen meistens mit den anderen im Saal“, erklärte er. Der Junge blickte ihn fragend an, woraufhin Drav ihm weiter erklärte: „Wir essen oft alle zusammen. Die Hofmagier und Gelehrte, Ärzte und Heiler, Priester und Geistige, Ritter und Krieger, auch unsere Diener… und der König natürlich. Isairs Blick verdüsterte sich.
„Du musst ja nicht mit ihm sprechen, wenn du nicht willst“, fügte Drav hinzu.
„Es sei denn er spricht mich an“, murmelte Isair.
„Der König hat viel zu tun. Wahrscheinlich kennt er dich nicht mehr“, erwiderte Drav, danach schloss er die Tür auf und ging auf den Flur. „Kommst du mit?“, fragte ihn Drav. „Komme gleich“, sagte Isair nur und versuchte eine gute Ausrede zu finden, um nicht mitkommen zu müssen. Der Hofmagier nickte und pfiff den Hund zu sich, der sofort darauf hinter ihm stand. Nachdem Isair seine Gedanken zusammenfasste und vom Hunger gequält war stand auch er auf und folgte Drav.
Der Saal, in dem das „Festessen“ stattfand war riesig und wunderbar dekoriert. Viele Leute haben sich hier versammelt, aßen, sprachen und lachten miteinander. Sogar die Drachen, die Isair gestern auf dem Hof gesehen hat fanden Platz und setzten die Diskussion mit den Menschen fort.
„Wir hatten unsere Gründe“, konnte Isair beim Vorbeigehen noch hören.
„Selbstverständlich“, antwortete einer der Menschen dem feuerrotem Drachen. „Die hatten wir doch alle, doch nun ist es an der Zeit, Gründe für den Frieden zu finden.“ Der Drache nickte.
Isair war letztendlich froh, dass er mitkommen durfte, allen voran, weil er das immer besser werdende Verhältnis der Drachen zu den Menschen und der Menschen zu den Drachen mitverfolgen konnte.
Er sah zu Drav. „Wo ist Euer Hund hin?“, fragte er ihn schließlich. Drav biss gerade in eine geräucherte Taube und deutete unter die Tischdecke, unter welcher der Hund seelenruhig lag. „Iss was“, lächelte Drav, nachdem er seine Taube runtergeschluckt hatte. Isair dankte und nahm sich das gleiche, wie Drav.
Nachdem das gemeinsame Mahl dem Ende zuging verkündete der König noch voller Freude die gemeinsamen Friedensfortschritte mit den Drachen, woraufhin Isair nur grinsen konnte. Zurück in den Gemächern des Hofmagiers unterhielten sich Isair und dieser über diese Fortschritte. Isair merkte, wie Drav wieder versuchte, ihn von der Gerechtigkeit des Königs zu überzeugen.
Kapitel 5
„Wohin gehst du?“, fragte Drav, als Isair aufstand. „In mein Zimmer“, entgegnete Isair, als er genug von diesem Gespräch hatte.
Gerade, als Isair die Tür hinter sich schloss und nochmals körperlos durch den Gang schweben wollte, ertönte Dravs Stimme hinter der Tür. „Ich hoffe, du kommst zum Fest heute Abend. Das wird zu Ehren unserer zukünftigen Freunde veranstaltet.“ Fest? Als ob das Mahl am Mittag nicht genug wäre soll er jetzt noch zu einem Fest gehen? „Vielleicht nachher“, sagte Isair nach gründlichem Überlegen. Doch dann setzte er sein Vorhaben fort und schaute sich in den noch unbekannten Räumen um, als er plötzlich Ganth vor sich sah. Zum Glück war Isair unsichtbar, weshalb der König nicht einmal wusste, wie er beobachtet wurde. Und da war noch jemand. Ein sehr ernst aussehender, junger Hofmagier unterhielt sich mit dem Herrscher.
„Diese verdammten Frostriesen!“, fluchte er. „Sie zerstören mein gesamtes Reich!“
„Ja, mein Herrscher“, stimmte der Magier ihm zu.
„Orphäus!“, sagte der König von Lavandia. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Frostriesen dass alles genau so geplant haben! Erst zerstören sie meine Altäre – den Wassertempel und die dann haben sie plötzlich auf all ihren Rüstungen das Symbol vom Kriegsgott Rai und nun schneit es, die Vorräte kommen niemals hier an und unser Fest wird draußen auch nicht stattfinden können, was wiederrum unsere Beziehung zu den Drachen verschlechtert.“ König Ganth blickte seinem treuen Magier ernst in die Augen und flüsterte: „Der Junge hat irgendetwas damit zu tun. Wenn er immer verschwinden kann, dann kann er auch wieder auftauchen. Ich bin mir sicher, dass er die Altäre verwüstet und zerstört hat. Alle müssen sich dessen sicher sein. Wir müssen ihn loswerden.“
„Aber wie?“, fragte sein Untergebener.
„Meinetwegen verbieg die Wahrheit ein wenig, aber sorg dafür, dass alles darauf hinweist, dass er daran schuld war.“
Isair konnte es nicht fassen, er verachtete den König, aber er hätte nicht im Traum daran gedacht, dass er so dreist war.
Isair zog sich in Dravs Gemächer zurück, stellte seinen menschlichen Körper wieder her und ordnete seine Gedanken. Nach einiger Zeit traute er sich wieder auf den Gang hinauszugehen. Sofort schoss ein Feuersymbol an ihm vorbei. Isair musste sich dabei dicht gegen die Wand pressen, um den lodernden Flammen nicht zum Opfer zu fallen. Danach verharrte er an der Wand noch eine Weile, um sich klarzumachen, was das zu bedeuten hatte. Während er nachdachte hetzte ihm Orphäus, der Hofmagier, der vorher noch mit dem König gesprochen hatte, entgegen. Als dieser Isair erblickte warf er ihm einen vernichtenden Blick zu und ging langsam den Gang entlang. Nochmals musste Isair in Dravs Gemächer gehen. Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen lachte er lautstark los. Er hatte gerade die Pläne von König Ganth durchkreuzt, ohne sich dessen bewusst zu sein!
Als Isair endlich den Gang entlanggegangen ist, hörte er Stimmen in dem Raum, in dem er zuvor Ganth und Orphäus belauscht hatte.
„Du Narr! Er sollte doch hinter dem Symbol her rennen! Es führte doch direkt zum Wassertempel! Es hätte alles so ausgesehen, als wäre der Junge daran schuld gewesen!“ König Ganth war außer sich vor Wut.
„Mein König“, versuchte der Magier ihn milde zu stimmen. „Ich bin laut Eurem Plan vorgegangen, aber als ich ihm ‚hinterherlaufen‘ wollte, stand er einfach vor den Gemächern von Hofmagier Drav.“
Danach murmelte Ganth etwas, was Isair durch die Tür nicht hören konnte. Doch er hatte mehr als genug gehört, um nun gut gelaunt zum Fest zu gehen.
Kapitel 6
„Die Verhandlungen mit den Drachen werden immer besser!“, freute sich Drav, als er mit Isair wieder zurück in die Gemächer ging. „Das freut mich ebenfalls“, gab der Junge zu. Drav nickte und fragte dann: „Ich hoffe dir hat es genauso wie den Drachen gefallen?“ Isair lächelte und nickte. „Muss ich mich etwa daran gewöhnen?“, fragte er zurück. Drav lachte auf. „Möglicherweise“, antwortete er nur.
„Drav“, sagte Isair plötzlich. „Kennt Ihr Orphäus?“
Dravs Gesicht verdüsterte sich. „Nicht schlecht“, brummte er. „Kaum hast du dich eingelebt, schon kennst du des Königs Lieblingshofmagier.“
„Man schnappt manches auf so einem Fest auf“, meinte Isair.
„Zwar wird er immer besser behandelt als wir anderen Hofmagier, aber hüte dich vor ihm, Orphäus ist kein Freund des Königs.“
Isair runzelte die Stirn. „Wie meint Ihr das?“
„Er hat seine eigenen Ziele“, antwortete Drav. „Und dafür würde er alles für seinen König tun.“
„Welche Ziele?“, fragte Isair weiter.
„Gold, Macht. Alles, was ein Mensch mit so einer düsteren Seele haben will.“
Der Bursche nickte. „Und wisst ihr etwas über die Königlichen Altäre?“
„Woher weißt du das denn schon wieder?“, fragte Drav verwundert.
Isair wollte gerade etwas sagen, als der Hofmagier sich erinnerte. „Ach ja, du hast eine Menge aufgeschnappt beim Fest. Eigentlich sind diese Informationen nur für eingeweihte aber…“ Drav machte die Vorhänge des Zimmerfensters zu. „Aber wenn du es jetzt weißt, ist es ohnehin unwichtig, wenn du den Rest erfährst. Unter dem Schloss befindet sich ein weit verzweigtes Tunnelsystem, in den vier Ecken des Schlosses, oder eher darunter, befinden sich Altäre, die man den vier Elementen zuordnet. Der Wassertempel schützt den nordwestlichen Teil des gesamten Königreiches, die Feuerhalle den nordöstlichen, der Luftaltar den südöstlichen und der Erdenraum den südwestlichen Teil. Unteranderem deshalb kann König Ganth Lavandia aufrechterhalten. Man setzt die Altäre auch mit Wesen und Waffen gleich. Wasser: Tintenfisch und Dreizack, Feuer: Drache und Fackel, Luft: Adler und Fächer, Erde: Bär und Hammer.“
Isair dachte nach. „Ich glaube, ich leg mich jetzt schlafen. Gute Nacht“, sagte er dann.
„Dir auch gute Nacht“, sagte Drav und räumte noch ein wenig in den anderen Zimmern auf.
Isair wollte mehr herausfinden, er wusste, dass der König nicht aufgeben würde, er musste wissen, was er und Orphäus vorhatten. So schwebte er wieder den Gang entlang. Als er an der Tür zu den Gemächern des Königs anhielt, konnte man schon die Stimme des Königs hören: „Es wird nichts helfen. Töte ihn und hinterlass keinerlei Spuren. Nur so können wir Lavandia noch retten.“
„Wie Ihr wünscht, mein Gebieter“, antwortete der Magier Orphäus.
In Isair kochte es förmlich. Anstatt seinen Körper wieder herzustellen, erschuf er sich den Körper einer Bestie. Er wollte diesen Körper nie wieder benutzen, doch es war ohnehin zu spät gewesen. Er suchte Schutz in der Dunkelheit des Ganges. Kaum hat der Hofmagier Orphäus die Tür geschlossen griffen schwarze Tentakeln nach ihm. „Hör zu“, wisperte ihm eine schreckliche fremde Stimme zu. „Der junge Isair steht unter meinem persönlichen Schutz. Krümmst du ihm auch nur ein einziges Harr, wird bei dir etwas ganz anderes gekrümmt.“ Orphäus der Magier, völlig gefesselt und umschlungen von Tentakeln und blind wegen der Dunkelheit schluckte laut und nickte. „Sehr schön ächzte die Stimme und eine riesige Klaue berührte seinen Leib. Der Hofmagier rannte ohne sich umzudrehen zurück zu König Ganth. „Mein Meister!“, rief Orphäus ohne Fassung, als er die Tür schloss. „I-ich kann Euren Auftrag nicht zu Ende führen.“
„Was?!“, brüllte der Herrscher von Lavandia.
„Ich kann es einfach nicht. Da war ein Ungeheuer, das mir mit dem Tod drohte. Es hat mich mit tentakelähnlichen Gliedmaßen gefesselt, hatte eine solch schreckliche Stimme, als würde ich mit einer Schlange sprechen und riesige, messerscharfe Klauen!“, versuchte sich Ganths treuer Magier zurechtzuweisen.
Der König seufzte laut. „Geh, solange ich es mir nicht anders überlegt habe“, befahl er dem Magier. „Alles muss man selber machen.“
Orphäus tat, wie ihm befohlen. Er sah mit einem vernichtenden Blick den von der Dunkelheit schwarz getauchten Gang hinunter. Doch er hätte wohl nicht im Traum daran gedacht, dass zwei Reptilienaugen seinen Blick bereits erwiderten. Ein Plagegeist war also weg. Jetzt musste sich Isair nur noch um den König kümmern…
Kapitel 7
Die Bestie folgte still dem König, der in die Bibliothek ging. Kaum hatte dieser das erste Buch aufgeschlagen, um die Begriffe „Schlangenstimme“ und „Tentakeln“ zu suchen, ertönte plötzlich eine ächzende Stimme hinter ihm. „Seid gegrüßt, mein Herrscher“, sagte die Bestie und verbeugte sich dabei tief. König Ganth erschrak über die Anrede und umso mehr erschrak er, als er sich umdrehte. Die Bestie kam aus der Dunkelheit und zeigte nun ihr wahres Antlitz. Ein Ungeheuer, auf zwei Beinen stehend und fast größer als ein Drache auf vier Beinen. Die Augen waren gelblich und die Pupillen pechschwarz und senkrecht. Ein schuppiger Körper mit dem Kopf einer Kobra und Ansätzen, die an Dämonenflügel erinnerten. Die Klauen und der Schwanz glichen dabei denen eines Skorpions. Ganth wurde blass bei diesem monströsen Anblick und griff nach einem Speer, der eigentlich nur zur Dekoration an der Wand hing. Kaum hatte er ihn in die Richtung der Bestie geworfen, hielt das Untier schon den Speer in der Hand.
Der Herrscher von Lavandia wusste nicht, was er tun sollte, als das Ungeheuer vor ihm die Wurfwaffe in zwei Stücke zerbrach und diese dann in Flammen aufgingen. Es fing wieder an zu sprechen und sagte König Ganth genau das Gleiche, was es Orphäus sagte. „Aber der Junge ist ein Verräter!“, sagte der König. „Er hilft den Frostriesen Lavandia zu zerstören!“
Ein schreckliches Lachen erfüllte die königliche Bibliothek. „Wie tief seid Ihr eigentlich schon gesunken, Ganth? Sucht die Schuld nicht bei unschuldigen Kindern, sondern bei denen, die Wirklich schuld sind!“, sprach das Untier. Für einen kleinen Moment verschwand in den Augen jeder Anschein von Leben, woraufhin Ganth schluckte. Dann waren die Augen wieder leuchtend gelb. Drei pechschwarze Tentakel schauten unter den Bauchschuppen hervor und Tasteten sich am Körper der Bestie weiter. Die Fenster des Raumes brachen von innen nach außen zusammen. „An Eurer Stelle würde ich meine Worte befolgen, ansonsten sehe ich mich gezwungen andere Maßnahmen anzuwenden“, ächzte es. König Ganth zitterte. Man konnte nicht genau sagen, ob es nun an den offenen Fenstern lag, durch welche kalter Nachtwind strömte, oder an dem Ungetüm. Doch dann nickte der Herrscher. „Gut“, murmelte das Ungeheuer. „Auf Wiedersehen, Ganth.“
Zurück im seinem Raum ließ sich Isair erleichtert auf das Bett fallen, nachdem er seinen gewohnten Körper annahm. Er hatte keinen eigentlichen Körper, also konnte er jeden Körper annehmen, den er wollte oder sogar keinen haben und wie eine Art Geist sein. Auch war er theoretisch unverwundbar, geschweige denn unsterblich. Es war für Isair schon immer etwas bedrückend auf ewig keinen eigentlichen Körper und somit keine Identität zu haben, aber er hatte eine Persönlichkeit und die war das einzige, was ihn antrieb und Kraft und Grund für dieses ewige Leben gab. „Ich bin Isair“, flüsterte er leise und mit diesen Worten schlief er ein.
Kapitel 8
Am nächsten Tag mussten sich Drav und Isair einen Weg in die Unterstadt durch eine dicke Schneedecke kämpfen.
„Wieso müssen wir in die Unterstadt?“, fragte der Junge.
„Um Kräuter und Medikamente zu besorgen“, antwortete Drav ruhig.
„Und die Königlichen Vorräte?“, fragte Isair weiter.
„Die sind leer“, sagte der Hofmagier immer noch gelassen.
Isair war erstaunt, fragte aber weiter: „Ist das eigentlich nicht die Aufgabe der Ärzte und deren Knaben?“
„Alle krank“, erwiderte Drav.
„Alle?“, Isair konnte es nicht glauben.
„Nur einige andere wie zum Beispiel ich sind noch gesund“, sprach Drav weiter. „Komischerweise gehörst du, ein Kind, auch dazu.“ Drav sah Isair ins Gesicht.
Natürlich war Isair gesund! Wenn er jeden Tag seinen Körper auflöst können ihn die Krankheitserreger ja auch nicht als Wirt benutzen! „In meinem Dorf gab es manchmal harte Winter, in denen selbst meine Mutter keine Zutaten für Heiltränke hatte. Mein Körper hat sich an so was gewöhnt“, log Isair und hoffte inständig Drav damit zufriedenzustimmen.
Und tatsächlich, Drav nickte. „Wir sind da“, sagte der Hofmagier und schloss die Tür zum Lager in der Unterstadt auf.
„Wieso eigentlich steht mitten in der Unterstadt ein Lager für Arznei?“, fragte Isair plötzlich.
„Für den Fall das jemand auf der Stelle versorgt werden muss“, Drav schien sich wirklich nicht über die lästigen Fragen Isairs zu stören. Ein freudiges Gebell durchschnitt die kurze Stille. Dravs Hund lief über dem Schnee zu den beiden hinüber. Der Hofmagier streichelte ihn kurz, dann murmelte er etwas Unverständliches. Plötzlich schmolz der Schnee um der Tür des Lagers. Erst dann öffnete Hofmagier Drav die Tür. Doch was er sah war erschreckend. „Ich muss los, dem König Bericht erstatten, du gehst in die königliche Schule“, fasste er sich kurz. Isair wagte einen knappen Blick in die Kammer. Alles leer. „Wie kann nur so schnell alles ausgegangen sein“, fragte Isair den Hofmagier. Doch dieser lief schon los. Isair wollte gerade nachlaufen als er inne hielt. „Schule?!“, fragte er sich.
Eine Gestalt kam aus einer Gasse. „Hallo, Körperlos!“, sagte sie. Isair konnte es nicht fassen, es gab nur einen, der ihn so nennen könnte! „Bill?!“, fragte Isair verwundert.
„Dass du dich wunderst, mich hier zu treffen“, meinte der Straßenjunge. „Eigentlich hatten wir gedacht, dass du dich hier nicht mehr blicken lässt…“
„Bill, ich kann dir das erklären.“
„Was erklären?“, fragte Bill. „Dass du plötzlich in die Schule gehst? Keine Sorgen, ich sehe alles optimistisch, wir teilen deinen Teil der Beute untereinander auf.“
„Bill, ich verstehe nicht, wieso du…“
„Wieso ich was?“, Bill schaute Isair ernst ins Gesicht. „Ich verstehe nicht, wieso es so lange dauert…“
„Wieso was so lange dauert?“, fragte Isair.
„Wie lange wird es noch dauern“, Bills Gesichtsausdruck wurde sogar noch ernster. „Wie lange wird es noch dauern bis des Königs Leute in unser Versteck einmarschieren?“
„Bill, versteh doch…“
„Ich verstehe es doch, du hast uns verpfiffen!“
„Nein, Bill…“
„Du bist ein mieser Verräter!“
„Bill, jetzt hör mir endlich zu du ignoranter…“
Beide verstummten. Bill schaute Isair schon fast erschrocken ins Gesicht.
„Ich habe ihnen nichts gesagt“, erzählte Isair. „Sie haben nicht einmal nach euch gefragt.“
Isair schloss die Augen, atmete tief ein und wartete auf das nächste Argument von Bill, doch als Isair seine Augen wieder öffnete war sein ehemaliger Freund schon lange weg. Er konnte dies einfach nicht verstehen, er hatte gerade einen Freund verloren! Isair hatte keine andere Wahl, er erkundigte sich kurz nach dem Weg zur Schule und setzte Kurs auf diese.
Kapitel 9
Anscheinend waren alle in der Klasse neu, zumindest verhielten sie sich so. Vielleicht war es so auch einfacher Anschluss zu finden. Nach einer Reihe von grauenvollen Schulstunden war es endlich vorbei. Isair hatte schon Gesprächspartner gefunden und dachte nicht mehr an die schreckliche Begegnung mit Bill.
„Habt ihr eigentlich schon gehört“, sagte Rys. „Der glorreiche Orphäus ist über alle Berge, weil er ein Ungeheuer im Schloss gesehen haben soll!“
Sina lachte auf. „Das kann doch gar nicht sein Ernst gewesen sein“, sagte sie.
Rys schaute Isair an. „Du wohnst doch im Schloss, hast du dieses ‚Ungeheuer‘ nicht mal getroffen?“, scherzte er.
„Doch, einen davon habe ich tatsächlich gesehen“, meinte Isair gelassen.
Sina und Rys erblassten.
„Einer von ihnen heißt Ganth und…“, Isair unterbrach und fing an zu lachen.
Rys kicherte, Sina jedoch grinste nur und stieß Isair ihren Ellenbogen in die Rippen. „Hör auf“, sagte sie. „Das ist nicht komisch.“
„Doch“, lachte Rys. „Das ist es.“
„Wenn auch du dich eingekriegt hast, können wir ja auch mal über etwas anderes sprechen?“, fragte Sina
„Soll mir recht sein“, meldete sich Isair wieder zu Wort, der schon aufgehört hat zu lachen.
„Ist ja gut“, brummte Rys. „Du verstehst auch keinen Spaß…“
Sina schaute etwas beleidigt auf Rys, wechselte aber schnell das Thema. „Die neuen Angriffe der Frostriesen lassen mich eben nicht ganz lachen…“, erwiderte sie.
Nun schaute Isair auf. „Was?“
„Ich dachte du weißt das“, meinte sie. „Immerhin kannst du die Lage des Königreiches gut mitverfolgen, wenn du im Schloss lebst.“
„Das ist wahr, aber ich habe nichts von neuen Angriffen gehört“, sagte er.
„Die Frostriesen haben im Norden einen großen Teil des Königreiches völlig zerstört“, erklärte Sina. „Sie marschieren weiter in Richtung Süden.“
Isair erschrak, ließ sich aber nichts anmerken. Was hat König Ganth noch gleich gesagt? Zwei Altäre seien zerstört worden, die waren doch für den Schutz der nördlichen Hälfte des Königreiches zuständig. „Ich muss los“, sagte Isair plötzlich. „Bis morgen!“
„Isair, wir treffen uns heute an der alten Ruine, kommst du auch?“, fragte Sina noch.
„Wenn ich aus dem Schloss rauskomme“, grinste Isair und ging weiter, auch wenn er nicht ganz wusste, wo diese Ruine sein sollte.
Kapitel 10
„Wie war es in der Schule“, fragte Drav, als Isair die Tür zu seinen Gemächern öffnete.
„Bitte sagt, dass das nicht Euer Ernst war“, entgegnete Isair.
„So schlecht ist es doch auch nicht.“
„Ich sollte die Leber eines Greifen sezieren!“
„Magst du etwa keine Greifen?“
„Ich hoffe, ihr macht wieder Witze…“
Isair setzte sich an den Tisch in der Küche. „Aber jetzt weiß ich wenigstens, dass es hier eine alte Ruine gibt“, meinte Isair.
„Ein interessanter Ort“, gab Drav zu.
„Wenn ich nur wüsste wo er ist“, sagte der Knabe mit hintergründigen Gedanken.
„Gleich hinter der Stadtmauer…“, gab Drav zur Antwort.
„Etwa da, wo die stillgelegte Goldmine ist?“
„Nein, genau auf der gegenüberliegenden Seite“, erklärte der Hofmagier.
„Wieso ist der Ort eigentlich so ‚interessant‘?“
„Geh hin, es wird dir sicher gefallen. Ich würde gern mitkommen, aber einer der Drachen ist ebenfalls schwer erkrankt.“
Isair fand die Ruine sehr schnell, seiner Meinung nach.
„Schön, dass du auch noch gekommen bist“, grinste Rys.
Isair ignorierte diese Bemerkung und begutachtete die Ruine. Eine Kuppel mit zwei größeren Fenstern. „Und das ist die Ruine“, Isair schien enttäuscht.
„Am besten ist es, wenn du sie dir von innen anschaust“, meinte Sina.
Das Licht der Mittagssonne schien direkt durch die beiden Fenster auf die hintere Innenwand. Seltsame Zeichen waren darauf geritzt. Man hat sich viel Mühe bei diesem Gebilde gemacht. Efeu und Unkraut wuchsen den eingeritzten Linien entlang. Unter den Zeichen stand in jeder bekannten Sprache des Königreiches geschrieben: Dieser Zauber wird Lavandia in den schlimmsten Zeichen beistehen!
Allmählich schien Isair zu ahnen, wieso sich Sina und Rys gerade hier treffen wollten.
„Wisst ihr zufällig, was das für Zeichen sind?“, fragte er die beiden.
„Wenn wir das wüssten, dann würden wir Lavandia sofort helfen. Aber nicht einmal die ältesten Historiker des Königs sehen hinter diesen Zeichen einen Sinn“, antwortete Sina.
Und auch Rys meldete sich zu Wort: „Ich war ja immer der Meinung, man sollte das da mal aufgraben…“
Isair folgte dem Blick von Rys und erkannte eine Tür im Boden. Sofort ging er auf sie zu und öffnete sie.
„Voller Erde“, stellte er fest.
„Sag ich doch“, meinte Rys. „Vielleicht ist da unten eine weitere Kammer, in der man mehr über diese Zeichen erfahren kann?“
„Gut möglich“, murmelte Sina. „Aber selbst mit Magie könnte das Tage dauern, bis dahin sterben wir alle an Hunger, Krankheit, Kälte, oder gar an den Frostriesen.“
„Da muss es doch irgendeinen Zusammenhang geben“, meinte Isair.
„Und selbst wenn, niemand würde ‚Kindern‘ in diesem Thema Beachtung schenken.“, gab Sina wieder zurück.
„Was ist mit Drav“, fragte Rys. „Der Hofmagier soll immer ein offenes Ohr haben.“
„Der ist zu beschäftigt“, meinte Isair. „Einer der Drachen ist schwer erkrankt.“
„Auch das noch“, schmunzelte Sina.
„Am besten ist es, wenn wir den Drachen schnellstmöglich wieder gesundpflegen, dann sollten wir mit Drav sprechen“, sagte Rys.
„Ich muss gehen, wir wollen den armen doch nicht warten lassen“, verabschiedete sich Isair und lief davon.
Kapitel 11
Kaum betrat Isair den Hof traute er seinen Augen kaum. Der Drache war wieder vollständig gesund.
„Was ist hier los?“, fragte Isair verwundert.
„Wir machen uns auf den Weg“, erklärte Drav.
„Auf den Weg wohin?“
„Der Drache kam durch einige der letzten Kräuter und ein wenig Magie wieder zur Gesundheit. Sie haben die Drachen haben sich als Dank dazu bereit erklärt uns zum Kriegsgebiet zu fliegen und uns zu helfen“, erzählte der Hofmagier weiter.
„Etwa da, wo die Frostriesen alles zerstört haben?“
„Wir werden sie ein wenig in die Enge treiben“, antwortete ein feuerroter Drache mit einem Grinsen auf dem Gesicht.
Plötzlich lief Ganth zu ihnen. „Drav, ich habe noch etwas, das euch helfen wird“, fasste sich dieser kurz und übergab ihm zwei in Seidentücher gewickelte Waffen. Drav bedankte sich nickend und schaute, nachdem Ganth sich von ihnen entfernt hatte, auf Isair. Der Hofmagier deutete den Blick Isairs und antwortete: „Isair, ich glaube es ist selbstverständlich, dass du hier bleibst.“
„Ich kann nützlich sein“, meinte dieser.
„Du bist noch ein Kind.“
„Ich habe schlimmeres als Frostriesen auf dem Gewissen und selbst diese kann ich dazuzählen.“
Drav runzelte die Stirn. „Wie willst du sie getötet haben“, fragte er dann.
„Auch ich habe mal Magie benutzt“, erklärte dieser.
„Aber du benutzt sie nicht mehr.“
„Einige nützliche Zauber kann ich noch.“
Der Magier seufzte laut. „Du gibst nicht nach, was? Nun gut, aber falls du stirbst gib nicht mir die Schuld.“
Der Knabe bedankte sich kurz und setzte sich hinter Drav auf den Drachen. Der Reise stand wohl nichts mehr im Wege.
Kapitel 12 |